Thür - Wird im als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Bereich der Thürer Wiesen, einem einzigartigen Lebensraum für Amphibien und Wasservögel, verbotenerweise geangelt? Hinweise darauf haben Mitglieder des Naturschutzbundes (Nabu) in der Vergangenheit bereits häufiger in den Weihern gefunden.
Zum Beispiel im vergangenen Jahr: Da entdeckte Karl-Heinz Theisen, der sich regelmäßig um den Ablauf der Teiche kümmert, ein junges Teichhuhn. Das Tier hatte einen Angelhaken verschluckt und war daran zugrunde gegangen. "Ich finde regelmäßig Angelhaken und Dosen mit Ködern", berichtet der ehemalige Landespflegebeauftragte der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz.
Vor einiger Zeit hatte der 69-jährige naturverbundene Rentner aus Kruft eine Sporttasche und eine Angelrute gefunden und sichergestellt. "In den Thürer Wiesen wird geangelt", ist sich das ehemalige Nabu-Vorstandsmitglied sicher. "Zudem ist auch oft die Ufervegetation ganz platt getrampelt", berichtet Theisen, der oft morgens früh in diesem Gebiet unterwegs ist. Vor wenigen Tagen wurde neben dem Beobachtungsstand des Nabu am nördlichen Weiher sogar ein Schlauchboot mit Zubehör sichergestellt. Am selben Tag wurden Hinweise auf ein Stellnetz gefunden, das wohl mit dem Boot ausgebracht wurde.
Die Auswirkungen einer solchen Aktion sind fatal, weil sich Tiere wie Ringelnatter und Zwergtaucher, der bereits seit einiger Zeit im oberen Weiher nicht mehr gesehen wurde, darin verfangen können und qualvoll ertrinken. Für die brütenden Blesshühner, Teichhühner und andere Tiere stellen solche Aktionen eine erhebliche Störung dar.
Der Nabu hat bei der Polizei in Mayen inzwischen Strafanzeige erstattet. Und auch die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz wolle handeln, sagt Martin Gasteyer. Bei der Kripo in Mayen soll eine Anzeige wegen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz und gegebenenfalls eine weitere wegen fischereirechtlicher Verstöße erstattet werden, teilt der Mitarbeiter aus dem Büro des Landrats mit.
"Angeln ist im Naturschutzgebiet grundsätzlich verboten", informiert die Vorsitzende der Nabu-Ortsgruppe Mayen und Umgebung, Margot Bechtoldt. "Wir bitten Spaziergänger, auf illegale Angler zu achten, damit sie zur Anzeige gebracht werden können." Sorgen bereiten den Naturfreunden auch nicht angeleinte Hunde. So hat Karl-Heinz Theisen schon öfter Hundehalter beobachtet, die Stöckchen in das Gewässer werfen, die der Vierbeiner apportieren soll. "Es ist wichtig, dass Menschen die Natur mit Respekt und Rücksicht behandeln, statt das Naturschutzgebiet für ihr eigenes Vergnügen zu nutzen", sagt Theisen. Und mit Blick auf die Brutzeit ergänzt Margot Bechtoldt: "Gerade in der Zeit zwischen April und Juli sind die Thürer Wiesen auch Wochenstube für unterschiedliche Vogelarten." Gold- und Rohrammer, Sumpf- und Teichrohrsänger und viele andere brüten inzwischen regelmäßig in den geschützten Flächen, ebenso verschiedene Eulenarten wie Waldohr- oder Schleiereule. Darüber hinaus bieten die Thürer Wiesen vielen seltenen Durchzüglern Rastmöglichkeiten auf ihrem Weg vom und in den Süden. "Sogar Weißstörche und Kraniche rasten in dem Feuchtgebiet", weiß Ornithologe Karl-Heinz Euskirchen, der Zweite Vorsitzende der Mayener Nabu-Ortsgruppe. Neben den Vögeln nutzen zudem zahlreiche seltene Amphibienarten wie Kreuz- und Wechselkröten die Feuchtflächen als Lebensraum und pflanzen sich dort fort.
Die Einzigartigkeit der Thürer Wiesen erkannten Naturschützer Anfang der 1980er-Jahre. Auf Initiative des Nabu wurde 1987 der Antrag gestellt, insgesamt 26 Hektar der Thürer Wiesen in der ausgeräumten Landschaft zwischen Maifeld und Pellenz als Naturschutzgebiet auszuweisen. Die Pflege erfolgt nach einem im Jahr 1993 aufgestellten Pflege- und Entwicklungsplan durch die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord.
Von unserer Mitarbeiterin Elvira Bell